Körperarbeit und Theaterräume
von Petra Newiger (künstlerischer Beirat)
Wunderschöne Kulisse für unser erstes Doppelseminar für Jugendliche und Erwachsene war die Jugendherberge in Cochem mit malerischem Blick auf Stadt und Mosel. Sehr gute und große Räume für intensive Workshoparbeit standen uns zur Verfügung. Zimmer, die wie gute Pensionen ausgestattet sind, und reichhaltige Frühstück- und Abendbuffets bildeten einen angenehmen Hintergrund für unsere beiden Seminare.
Der Schwerpunkt des Erwachsenenlehrgangs, geleitet von dem Schauspieler und Regisseur Stefan Bastians, lag auf Körperarbeit und -ausdruck. Das Oberthema beider Workshops war „Theater als dreidimensionaler Raum“.
Bei Stefan Bastians wurde die Dreidimensionalität auf den Körper im Gegensatz zu Mimik und Stimme bezogen. Die Wahrnehmung der Teilnehmer sollte auf Körperlichkeit und Bewegungsmuster gelenkt werden. Ausführliche Analysen nach Übungen und kurzen Szenen machten deutlich, dass schon kleinste Bewegungsunterschiede tiefgreifende Bedeutung haben können. Mit Hilfe der neutralen Maske konnten die Spieler erfahren wie komplex unser Ausdruck ohne Mimik sein muss um Inhalte zu vermitteln.
Zu leicht verlassen wir uns beim Agieren auf Mimik und Sprache und merken dabei oft nicht, dass unser Körper derweil eine ganz andere Sprache spricht oder gar nicht mitredet. Für die Bühne ist er aber zentral wichtig, weil Widersprüche zwischen Körperausdruck und Sprache an der glaubhaften Wirkung des Darstellers hindern. Also ist die Konzentration auf Beweglichkeit, Koordination und bewusste Körperwahrnehmung für den Schauspieler bedeutsam. Viele Übungen wie die isolierte Bewegung einzelner Körperteile zeigten auf wie vielfältige Punkte unseres Körpers wir die Aufmerksamkeit richten können und was dies am Ausdruck ändert.
Besonders lustig schien allen die Aufgabe als von anderen gelenkte Puppe Verantwortung für die eigenen Handlungen abzugeben und sich führen zu lassen. Kleine Dialoge und Situationen führten die Teilnehmer von der Bewegung zum Bewegtsein.
Am Ende präsentierte die Gruppe den Jugendlichen aus dem Parallelworkshop Szenen auf einer Parkbank. Aus Improvisation entstandene Begegnungen sehr unterschiedlicher Charaktere wurden durch Körpersprache und Mimik, aber fast ohne Sprache lebendig, ausdrucksstark und witzig dargestellt.
Der Jugendkurs, den die Theaterpädagogin Heike Mayer-Netscher geleitet hatte, erfreute uns ebenfalls mit seiner Präsentation, in der wir eine kurze Performance an den unterschiedlichsten Orten in und um die Jugendherberge herum zu sehen bekamen. Sie hatten mit theatralen Handlungen in vielfältigen Räumen experimentiert und gespielt. So zeigten sie, dass ein und dieselbe Szenerie je nach Spielort eine ganz neue Wirkung bekommen kann.
Das Doppelseminar bot über die Lehrgänge hinaus viel Gelegenheit zu Austausch und Begegnung zwischen den Teilnehmern, die von insgesamt 6 rheinland-pfälzischen Bühnen angereist waren, denn zu den Mahlzeiten und abends im Bistro konnten wir uns kennen lernen und die Erfahrungen und Erlebnisse im Gespräch vertiefen.
Nach diesem erfolgreichen Seminarstart 2016 freuen wir uns nun auf viele Anmeldungen zum Grundlagenlehrgang für Erwachsene in der JH Mainz und den Kinderworkshop in Trier, die beide im September stattfinden.
DIE BÜHNE ALS DREIDIMENSIONALER RAUM
Jugendseminar des LVRP
von Andreas Schnell (Jugendleiter)
Am 09.04. und 10.04. trafen sich rund 25 Mitglieder aus 6 Mitgliedsbühnen zum Doppelworkshop in der Jugendherberge in Cochem. Erstmalig fand das Erwachsenenseminar zeit- und themengleich in einer Jugendherberge statt. Ein Experiment, das, so denke ich, durchaus gelungen ist, und sicherlich kein Einzelfall bleiben wird.
Leider mussten 2 Jugendliche noch kurzfristig absagen, so das Heike Meyer-Netscher es mit einer sehr überschaubaren Schar von 4 Jugendlichen zu tun hatte. So ein kleiner Workshop hat den Vorteil, daß sehr intensiv gearbeitet werden kann, auf die Befindlichkeiten eines jeden Einzelnen eingegangen werden kann, allerdings ist es natürlich für die Teilnehmer einer so kleinen und intensiven Gruppe auch deutlich schwerer, die Konzentration über so lange Zeit hochzuhalten. Dafür gebührt den Jugendlichen ein großes Lob, weil ihnen dieses während der zwei Tage wunderbar gelungen ist.
Während die Erwachsenen den Raum eher über den inneren Raum versucht haben zu erfahren, die Authentizität im Vordergrund gestanden ist, ging Heike das Thema für die Jugendlichen über die Darstellung an. Im ersten Teil ging es zunächst darum, aus vorgegebenen Haltungen neue Situationen zu erstellen: Zwei Spieler waren auf der Bühne, und erstellten ein Standbild. Einer verließ die Bühne, die andere Person verharrte in ihrer Position, ein neuer Spieler kam hinzu, und nahm eine Haltung ein, wodurch das Standbild den Sinn, den Ausdruck veränderte, der dargestellte Raum abgewandelt wurde.
In einem zweiten Schritt kam die Sprache dazu. Jeder bekam einen Satz, und nun ging es darum, diesen in verschiedenen Variationen zu sprechen. Dazu wurde die gesamte Jugendherberge als Resonanzkörper benutzt. Die Gruppe intonierte die Sätze auf der Tischtennisplatte, in der Telefonzelle, in einer Zimmerecke.
Im zweiten Teil des Workshop ging es dann um die Erfahrung der unterschiedlichen Bühnenräume. Die Gruppe erarbeitet eine kleine Szene, und zog dann durch die Herberge, auf die Dachterrasse, auf den Spielplatz und interpretierte diese Szene immer wieder neu. Bedingt durch die Umgebung, die unterschiedliche Stellung der Figuren zueinander, der Veränderung von Nähe, Distanz, oben, unten, ergaben sich jeweils neue Spielformen. Die 4 Interessantesten wurden dann von den Jugendlichen zur Präsentation ausgesucht. Es gab also Stationentheater für die interessierten Erwachsene aus dem anderen Seminar, verbunden mit einem Sprachexperiment, wie Sprache auf den Zuhörer wirkt, ohne visuellen Kontakt.
Am Sonntagnachmittag ging dann eine eindrucksvolle Reise in die 3. Dimension zu Ende.