Landesverband Amateurtheater Rheinland-Pfalz e.V.

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Europäisches Seniorentheater-Forum oder: Senioren, bildet euch!

Melanie Gaug berichtet vom 29. Europäischen Seniorentheaterforum in Vierzehnheiligen

Europäisches Seniorentheater-Forum oder: Senioren, bildet euch!

Unser Vorstandsmitglied Melanie Gaug berichtet von einem rundum gelungenen Theaterereignis:

 

Europäisches Seniorentheater-Forum oder Senioren, bildet euch!

 

Ein Termin im Herbst, auf den ich mich bereits im Frühjahr freue. Nun schon das vierte Jahr in Folge besuchte ich das Europäische Seniorentheater-Forum in Vierzehnheiligen (Bad Staffelstein/Bayern). Dieses wird vom Bund Deutscher Amateurtheater unter fachlicher Federführung seines Bundesarbeitskreises Seniorentheater bereits zum 29. Mal veranstaltet.

 

Vom 13.-17. Oktober 2019 trafen sich wieder um die 60 SpielerInnen, SpielleiterInnen, Multiplikatoren und Aktive im Bereich Seniorentheater im Diözesanhaus unter der Wallfahrtskirche Vierzehnheiligen. Es locken interessante und anspruchsvolle Workshops, eine gepflegte Unterbringung, leckeres Essen und eine traumhafte Landschaft. Tagsüber wird konzentriert gearbeitet, abends gibt es die Möglichkeit sich bei einer Flasche Nothelfer-Bier aus der nicht weit entfernten Brauerei Trunk zusammenzusetzen und Informationen und Erfahrungen mit Seniorentheater-Interessierten auch aus Österreich und der Schweiz auszutauschen.

 

In diesem Jahr wurden wieder insgesamt vier Workshops angeboten: Tanz mit Dodzi Dougban, Poetry Slam mit Karsten Strack, Materialtheater mit Anne-Kathrin Klatt und Meisner Methode mit Nicholas Humphrey.

 

Beim Betreten des Foyers des Diözesanhauses am Sonntagnachmittag treffe ich schon die ersten bekannten Gesichter. Wiederholungstäter wie ich kennen sich bereits und es ist schön, sich wiederzusehen. Bei der Begrüßung um 17:30 Uhr bemerke ich, dass ich den Altersdurchschnitt auch dieses Jahr um mindestens 20 Jahr drücke. Für mich kein Problem, ich habe bereits eine Seniorentheatergruppe geleitet und fühle mich zwischen der geballten Ladung Lebenserfahrung, Spielfreude und freundlicher Offenheit pudelwohl. Es wird viel gelacht und neugierig die diesjährigen Dozenten unter die Lupe genommen. Nicolas Humphrey kennt man schon vom letzten Jahr: sein Workshop über die Meisner-Methode (eine Schauspielmethode) war letztes Jahr so gefragt, dass er dieses Jahr wieder stattfindet. Mich würde nicht wundern, wenn ich ihn nächstes Jahr wieder hier treffe.

 

Alle werden gleich zu Anfang mit einem Namensschild ausgestattet, auf dem auch der Name der Theatergruppe oder die Institution, wo er oder sie tätig ist, vermerkt ist. Ich schmunzle jedes Mal über den Einfallsreichtum bei der Namensfindung von Seniorentheatergruppen: Die Spätsünder, Die fünfte Jahreszeit, Die Fisimatenten, Die grauen Zellen, Die Orangenhäute, Die Herbstzeitlosen usw. Im Speisesaal füllen wir die Hälfte der Tische und gleich ist Leben in der Bude. Angeregte Gespräche, wer von wo kommt und wie was tut, werden noch die nächsten vier Tage immer wieder stattfinden.

 

Nach dem Essen trifft man sich in einer der zwei für uns reservierten Klausen. Laut und feuchtfröhlich wird man dort die gut gefüllten Workshop-Tage ausklingen lassen. Manchmal hat auch jemand eine Gitarre dabei und verbreitet Lagerfeuerstimmung. Ich lerne am ersten Abend Dodzi kennen, Dozent für Tanz und taubstumm. Da missverständlicherweise kein Dolmetscher engagiert wurde, findet das Gespräch mit Händen und Füßen, mit Stift und Papier statt. Ich bekomme einen Namen in Gebärdensprache und bin nun offiziell „getauft“. Ich notiere mir innerlich, irgendwann Gebärdensprache zu lernen.

 

Die nächsten Tage sind gut durchgetaktet:

 

Frühstück bis 9 Uhr

 9:15-9:45 Uhr gemeinsames Warm-Up

10-12 Uhr Workshop

12 Uhr Mittagessen

14:30-18 Uhr Workshop mit abgesprochener Kaffeepause

18 Uhr Abendessen

19 Uhr Abendprogramm oder Klause

 

Am ersten Tag gibt es in der Mittagspause eine Führung durch die Brauerei Trunk, leider ohne Verkostung. Der Abend steht zur freien Verfügung. Meine Workshopgruppe verabredete sich aber zu einer internen offenen Bühne, um mitgebrachte, selbstgeschriebene Texte vorzutragen. Ich habe mich in diesem Jahr für das Thema „Poetry Slam“ entschieden und unser Dozent konnte nicht kompetenter sein. Carsten Strack moderiert, veranstaltet und „unterrichtet“ schon seit den Anfängen dieser Form des „Text-Wettbewerbs“ Poetry Slams. Das merkt man schon, wenn er den Mund aufmacht: Tief und sonor beschallt er selbstbewusst den großen Raum und „textet“ uns mit der Geschichte des Poetry Slams, dessen Regeln und vielen Anekdoten aus seinem reichen Erfahrungsschatz zu. Alles, was wir in seinem Workshop an Gedichten, Kurzgeschichten und anderen Textformen verfassen, erntet Beifall. In dieser wertschätzenden Atmosphäre trauen sich fast immer alle, ihre selbstverfassten Werke vorzutragen. Mal ist das Thema vorgegeben, mal darf frei vom Herzen weg geschrieben werden. Dem einen liegt das, dem anderen weniger, aber alle machen fleißig und begeistert mit. Das beeindruckt auch den Dozenten.

 

Dienstagabend haben wir die Ehre, den kleinen Film, der im Rahmen des diesjährigen Gesamteuropäischen Seniorentheaterfestivals in Esslingen gedreht wurde, als Testpublikum ansehen zu dürfen. Danach wird mit Mitgliedern des Arbeitskreises Seniorentheater darüber diskutiert, Verbesserungsvorschläge gemacht.

 

Mittwochabend wird präsentiert: jede Gruppe hat 15 Minuten um einen kleinen Auszug aus ihrer Workshoparbeit vorzuführen. Wird die Zeit überschritten, erklingt der „Charmante Gong“ und mahnt die SpielerInnen zum Ende zu kommen. Man kann sowieso nicht alles zeigen, das bearbeitet wurde. Dazu kann man sich ja wieder in der Klause unterhalten. Das wird auch kräftig bis spät in die Nacht getan.

 

Donnerstag ist morgens noch ein wenig Workshoparbeit angesagt, man lässt die vergangenen Tage Revue passieren, erhält die Teilnahmebescheinigung und verabschiedet sich bereits von den meisten, denn nach dem Mittagessen ist das Europäische Seniorentheater-Forum schon wieder vorbei. Viele verabschieden sich mit „Bis nächstes Jahr!“

 

Das klingt gut, finde ich.