Landesverband Amateurtheater Rheinland-Pfalz e.V.

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Die Poesie des Clowns

Bericht einer Teilnehmerin vom Seniorenlehrgang vom 22. bis 24. Mai 2019 in der Jugendherberge Kloster Leutesdorf

Die Poesie des Clowns

Im Auto übers Land. Hab mein Wagen vollgeladen mit drei Mitspielerinnen vom Aha!!!-Theater Nierstein und unserer leitenden Theaterpädagogin Heike Mayer-Netscher (Referentin für Seniorentheater im Landesverband). Auf geht`s zum Senioren-Lehrgang „Die Poesie des Clowns“ nach Leutesdorf/Neuwied. Unser Domizil ist die Jugendherberge Kloster Leutesdorf,  idyllisch direkt am Rhein gelegen, welcher zu meinem Erstaunen hier verkehrt herum fließt. (Ich bin zu selten auf der ebsch Seit.)

 

Los geht`s: Ein zierliches, quirliges Etwas namens Petra Newiger nimmt uns 15 TeilnehmerInnen unter seine Fittiche mit einer ebenso quirligen, Körper und Geist herauskitzelnden Vorstellungsrunde.

 

Ich freue mich, bekannte Gesichter von den „Fisimatenten“ und den „Arzheimer Laienspielern“ wiederzusehen, die mir aus vergangenen Seminaren bekannt sind. Es ist ein Gefühl wie Ankommen in einer zweiten Heimat.

 

Wir nähern uns Schritt für Schritt unserem Thema, heißt, wir entwickeln behutsam unseren individuellen Clown, den es gilt, in uns zu entdecken – teils mittels Übungen, die ich aus unserer Theaterarbeit kenne und …habt ihr schon mal versucht, ein Kleidungsstück anzuziehen und ihr wisst nicht wie? Ein Teilnehmer schlüpft in Zeitlupe in seine Trainingsjacke wie in eine Zwangsjacke mit einer göttlich tragischen, herzerweichenden Mine, als sähe er die Klamotte zum ersten Mal. Eine andere versucht auf allen Vieren in einen Schuh zu schlüpfen, sie erinnert an eine Betrunkene oder ein nimmermüdes Krabbelkind. Der Sprung vom Stuhl, hoch konzentriert, hinein in die Pantine gelingt auch nicht. Das Pendant zur Zeitlupe ist die überdrehte, hektische Vorgehensweise: Eigenheiten des Bühnenclowns.

 

Peu à peu freunden wir uns mit unseren roten Clownsnasen an, die versteckt in einem silbernen Koffer ausharrend, auf ihren Einsatz gewartet haben. Sie verändern unser Spiel sofort. Alles ist möglich. Blicke, Mimik, Gestik und Bewegungen kommen aus dem Bauch heraus und im Kontakt mit den anderen Clowns. Es entstehen berührende Charaktere. Der Raum ist erfüllt von Emotionen: Traurigkeit, überschwängliche Freude, Ängstlichkeit, hektische Rastlosigkeit, Schüchternheit, Knallvergnügtsein. Ich werde nicht satt, meinen MitspielerInnen mit ihren ganz eigenen faszinierenden Gesichtsausdrücken und Spielfreude zuzusehen.

 

Petra Newiger leitet eine „Meditation“ an, um unsere eigene Clownfigur zum Leben zu erwecken. Alles ist fremd und leer und gibt somit Nährboden, etwas Neues in uns entstehen zu lassen, was vielleicht in der Tiefe unbemerkt geschlummert hat. Zu pathetisch? Gangarten, Ticks, Wesenszüge, Namen kommen auf. „Klarinetta Grünbaum“, „Dummer August“, „Lizzy aus dem Tal der Wollsocken“…

 

Ein immer wiederkehrendes Requisit oder Objekt ist der Stuhl. Er kann alles sein: ein Wesen oder Ding, in das Clownin unsterblich verliebt ist; ein kulinarisches Was auch immer; ein Rasenmäher, ein Kleinod in jeglicher Größe oder Metaphorik. Zum Glück ist der Stuhl sehr stabil, so mancher volle Körpereinsatz hätte ihm den Garaus gemacht.

 

Ich lerne, Bühnenclowns kommen ohne Sprache aus, sie interagieren miteinander und halten Kontakt zum Publikum mit direkten Blicken, Mimik und Gestik.

 

Unsere „Mentorin“ versteht es mit ihrem hingebungsvollen, energiegeladenen, schauspielerischen Wesen, uns mitzureißen und zu Clowngeschöpfen zu machen. Wenn unsere „Arbeitsmoral“ schwindet,  wir uns vor Lachen kaum halten können und anfangen zu schwadronieren, setzt sie ihre rote Nase auf, und mit entsprechender Mimik und Gestik gelingt es ihr im Nu, die Disziplin wieder herzustellen. Das beeindruckt mich vollends.

 

In unserer Abschiedsrunde gab es nur positive Rückmeldungen: „Das ist wie Therapie!“ „Danke an euch alle!“ „Ich versuche, meinem Clown Raum im Alltag zu geben.“

 

Wir treten erfüllt und beseelt unsere Heimreise an.

 

Annette Rudolf-Siebers (Aha!!!-Theater Nierstein)