Der Regisseur des Amateurtheaters „Die Mühlbacher“, Miehlen, Felix Mosel, hat erneut ein Stück seinen Darstellern auf den Leib geschrieben. Sein Schauspiel „Lebenslinien und Lachfalten“ löste bereits im September 2024 bei der ersten Leseprobe heftigste Emotionen bei den Anwesenden aus und es blieb kaum ein Auge trocken. Nach über einem halben Jahr Probenzeit fand die Uraufführung nun am letzten Aprilwochenende 2025 im Bürgerhaus Miehlen statt.
„Die Erinnerung ist das einzige Paradies, aus dem wir nicht vertrieben werden können.“ (Jean Paul)
Dieses Zitat in ihrem Tagebuch, einem Geschenk ihrer Mutter zu Weihnachten 1994, steht am Beginn der Geschichte von Julia Sommer geborene Wunder. Ihre Erinnerungen sind es, die sie, inzwischen 80 Jahre alt, ihrer Pflegerin Tessa und den Zuschauern erzählt und so zu neuem Leben erweckt. Ein ganzes Leben in Rückblenden, nicht immer chronologisch. Erinnerungen aus der Jugend verknüpfen sich mit solchen aus den mittleren Lebensjahren. Glückliche Momente und tragische Augenblicke wechseln sich ab. „Im Grunde sind es immer die Verbindungen mit Menschen, die dem Leben seinen Wert geben“ (Friedrich von Humboldt), zitiert Julchen am Ende. Und genau diese stehen auch in diesem Theater im Mittelpunkt. Die Menschen in diesem Schauspiel sind Menschen, wie wir alle sie kennen. Sie sind Frauen und Männer, Mütter und Väter, Töchter und Söhne. Sie sind glücklich und unglücklich. Was sie lieben, was sie hoffen, was sie fürchten, haben wir alle schon gefühlt. Das ist es, was dieses Theaterstück so authentisch macht und was dazu führt, dass keiner unberührt nach Hause geht. Die Menschen und ihre Verbindungen stehen im Mittelpunkt, sie sind es, an die sich die Erinnerungen knüpfen. Die Umgebung tritt in den Hintergrund, die Bühne ist schwarz und aus nur wenigen Elementen entsteht ein wechselndes Bühnenbild. Aber was wäre ein Leben ohne Lachen. Der Humor darf im Leben nicht fehlen und Julchen hat ihren auch im Altersheim der Zukunft nicht verloren. Immer wieder hat sie einen Scherz auf den Lippen und gerne erzählt sie von lustigen Erlebnissen. Tessa begleitet Julchen in ihren letzten Tagen und Stunden, steht ihr beiseite, wenn ihr Sohn wieder keine Zeit hat und sie ihre Enkelinnen schmerzhaft vermisst.
Pflegeroboter*in Heidrun dagegen erfüllt ihre Aufgaben korrekt und mit einer programmierten Freundlichkeit, jedoch ohne Wärme und echte Empathie. Auch wenn ihre Auftritte immer wieder beim Publikum für Lacher sorgen, bleibt ein schaler Beigeschmack. Soll so unsere Zukunft aussehen, im Altersheim 2060? Julchens Darstellerin verkörpert die älteste Fassung der Hauptfigur im Rollstuhl sitzend. Die jugendliche Juli dagegen sprüht vor Energie und tanzt durch ihre Auftritte, die in den 90ern spielen. Eine dritte Julia stellt die Frau in der Mitte ihres Lebens dar. Auch der Sohn Julias wird von zwei verschiedenen Darstellern gespielt. Doch obwohl eine Person von mehreren Darstellern verkörpert wird und auf der anderen Seite verschiedene Personen vom gleichen Darsteller gespielt werden, entstehen beim Zuschauer keine Missverständnisse. Das Ensemble überzeugt in den Rollen und das Publikum nimmt ihnen ihre Figuren mit ihren Emotionen und Beziehungen zueinander ab. „Am Ende ist alles gut. Und wenn es noch nicht gut ist, ist es noch nicht das Ende.“ zitiert Julchen. Und so gibt es auch zum Schluss noch eine glückliche Wendung, die den Zuschauer mit einem lachenden und einem weinenden Auge zurücklässt – und der Erinnerung an ein bewegendes Schauspiel.
Das traditionelle Theaterwochenende in Miehlen findet immer am letzten April-Wochenende statt. Die Termine für 2026 stehen bereits fest: 24. – 26. April 2026. Weitere Infos werden frühzeitig in den sozialen Netzwerken und auf der Homepage www.diemuehlbacher.de bekannt gegeben.
Text: Barbara Mailitis
Fotos: Die Mühlbacher