Um eine Klarstellung hatte die Theater-Gruppe Simmern/Westerwald den Landesverband gebeten: Dass die Heimat der Bühne eben im Westerwald und nicht in der gleichnamigen Kreisstadt im Hunsrück sei, sei der Darstellung des Vereins auf der Webseite des Verbandes nicht mit hinreichender Deutlichkeit zu entnehmen. Die gewünschte Klarstellung ist selbstverständlich postwendend erfolgt – und wurde mit einer Einladung an den Vorstand quittiert, eine Aufführung des aktuellen Stückes Alles bestens geregelt! zu besuchen.
Die Aufführungen der Theatergruppe finden im „Haus Siebenborn“ statt, dem Dorfgemeinschaftshaus der Gemeinde. Das Haus verfügt über einen ausladenden Zuschauerraum mit einer Bühne, die in ihrer Breite an die Dimensionen von Kinosälen erinnert und die problemlos mehr als 200 Zuschauern Platz bietet. Schon bei der Ankunft rund 45 Minuten vor dem Programmstart waren Foyer und Halle gefüllt mit gespannten Gästen, die sich die Zeit bis zum Öffnen des Vorhangs bei einem Getränk mit Gesprächen verkürzten.
Als nach dem dritten Gong alle Platz genommen haben, konnte Hans-Jürgen Sommer, der später dann auch als Gustav Glitzer auf der Bühne stand, ein ausverkauftes Haus begrüßen. Dies geschah in treffend formulierten Versen, und zwar in Simmerner Mundart, in der auch das gesamte Stück gespielt wurde. Besonders begrüßt wurden dabei nicht nur der angereiste Vertreter des Landesverbandes, sondern auch die Mitglieder der befreundeten Theatergruppe Reißzwecke aus Ochtendung, ebenfalls eine Mitgliedsbühne des Landesverbandes.
Dann konnte der Schwank in drei Akten von Bernd Gombold beginnen. Als sich der Vorhang öffnete, zeigte sich ein liebevoll gestaltetes Bühnenbild, das den Innenhof eines Bauerngehöfts mit zwei Wohnhäusern an den Seiten und einem Hofbrunnen in der Bühnenmitte zeigte, auf das die Bühnenbauer der Theatergruppe zu Recht stolz sein können. An diesen Brunnen hatte sich Opa Anton angebunden und rief laut zeternd um Hilfe, um seine Schwiegertochter Rosi zu beeindrucken, die den Hof nach dem Unfalltod ihres Mannes alleine zu bewirtschaften hat. Den Schwiegervater, der nur Dummheiten im Kopf hat, wurde von Adalbert Wittelsberger sehr glaubwürdig verkörpert.
Ellen Barz zeigte sich überzeugend als resolute Bäuerin, die sich einerseits zwar zu helfen weiß, andererseits aber für die Unterstützung ihrer Mutter Klara (Erika Wittelsberger) dankbar ist, etwa dann, wenn es gilt, Opa Anton von der reinigenden Kraft fließenden Wassers zu überzeugen.
Der „Bühnenchefin“ Marita Hahn gelang es, den Geiz der Nachbarin Brunhilde, der sich mit naiver Unverfrorenheit Ausdruck verschafft, so glaubhaft zu präsentieren, dass sie das Publikum zu Lachsalven hinriss, wenn sie sich wieder und wieder etwas „auslieh“, was Rosi ohnehin ja wohl nicht mehr brauchen werde, etwa den Aufschnitt, der ohnehin schon Ränder hat, oder auch eine Rolle Klopapier.
Brillant agierte Florian Thiel in der Rolle des Dr. Reinhard Kümmerlich, der als Wanderer zwar nur die Landschaft um Simmern erkunden will, dabei aber für den sehnlichst erwarteten Tierarzt gehalten wird, als er sich auf den (Bühnen-)Hof verirrt. Es hilft ihm nichts, dass er versichert, nur Doktor der Chemie zu sein: Unfreiwillig wird er zum Geburtshelfer eines Kälbchens. In der Euphorie hierüber lässt er sich dann überreden, erstmals in seinem Lebens Alkohol zu probieren. Wie Florian Thiel diesen zusehends trunkener werdenden (und bleibenden) Wanderer spielte, war sehenswert und riss die Zuschauerinnen und Zuschauer zu Begeisterungsstürmen hin.
Thorsten Schüller spielte den Schriftsteller Hajo Hausmann, der in der Ferienwohnung auf dem Hof Urlaub machen will, einen scheinbaren Frauenfeind, der tatsächlich aber in der Postille „Herz-Schmerz“ unter einem weiblichen Pseudonym des Geldes wegen seinen Leserinnen Tipps in allen Liebes- und Lebenslagen gibt und später dann von seiner extravaganten Partnerin Sonja (Sandra Hampl) aufgespürt wird. Beide sind die einzigen, die hochdeutsch reden, was aber selbstverständlich den Rollen geschuldet ist, die sie darstellen.
Das Klatsch-Blatt „Herz-Schmerz“ wird irgendwie von allen auf der Bühne gelesen oder für Anzeigen genutzt, so auch von der romantisch veranlagten Postbotin Lisa (Margit Krupp), die sich die Ratschläge in der Zeitung bei der Suche nach dem Mann fürs Leben sehr zu Herzen, oder der bereits eingangs erwähnte Gustav Glitzer (Hans-Jürgen Sommer), der aufgrund einer dubiosen Anzeige auf dem Hof eine heiratswillige Bäuerin (aber auch den gleichzeitig ausgelobten Mähdrescher) zu finden hofft.
Es war ein herrlich kurzweiliger Abend, der ohne Frage besonders dadurch bestach, dass das Spiel der Darstellerinnen und Darsteller in Simmerner Mundart äußerst authentisch wirkte. Das Publikum dankte es dem Ensemble mit einem lang anhaltenden Schlussapplaus.