Als sich vor 30 Jahren einige theaterbegeisterte Menschen zusammenfanden, um das Mundartstück „Die Borjemeeschderwahl“ von Richard Müller anlässlich der damaligen (1994) Bürgermeisterwahlen in Lambsheim auf die Bühne zu bringen, ahnte wohl niemand, dass dieses Projekt dreißig Jahre währen sollte. In dieser Zeit hat das „Theater am Türmchen Lambsheim“ (das Türmchen ist Wahrzeichen der Gemeinde Lambsheim) dreißig (!) Produktionen auf die Bühne im Protestantischen Gemeindehaus (Spielort der Gruppe) gebracht, zumeist Mundartstücke. Die Auswahl der Stücke reicht von Molieres eingepfälzertem „Jammerlabbe“ (Der eingebildete Kranke), „De Geizhals“ und „Tartuffe“ über lustige Verwechslungskomödien („Drunner unn Driwwer“) und Historienstücke bis zu Boulevardinszenierungen wie „Honigmond“ und „Butterbrot“ von Gabriel Barylli.
Für die Historienstücke „De Giftmischer“, geschrieben von Bruno Hain, und „De Ölprinz vunn Lambsem“, geschrieben von Rudy Kupferschmidt, gab es jeweils Preisgewinne für die Theatergruppe: für „De Giftmischer“ den Kulturförderpreis der Kulturstiftung der Kreissparkasse Rhein-Pfalz (2007) und für „De Ölprinz vunn Lambsem“ den „Schappo“ des Rhein-Pfalz-Kreises (2012). Diese eigens für das „Theater am Türmchen“ geschriebenen Stücke waren Highlights für die Theatergruppe und ihre Entwicklung und natürlich auch für die Zuschauer*innen.
Nach dem 20-jährigen Jubiläum 2014 ( „Die Borjemeeschderwahl“ wurde in einer neuen Inszenierung noch einmal aufgeführt) wurden in den kommenden Jahren sehr unterschiedliche Stücke gespielt: 2015 „Der nackte Wahnsinn“, eine irrsinnige Komödie durch acht Türen von Michael Frayn; 2017 zum Lutherjahr 13 Szenen aus seinem Leben, geschrieben von Norbert Stuck, dem langjährigen Regisseur der Gruppe, aufgeführt in fünf verschiedenen Kirchen der Region.
Zur 1250-Jahr-Feier von Lambsheim im Jahr 2018 wurde das Stationentheater „Ausgepackt – Lambsheimer Koffergeschichten“ in Zusammenarbeit mit dem Chawwerusch Theater Herxheim entwickelt und in sechs Stationen aufgeführt. Das Stück stellte Teile der Geschichte des Dorfes mit dem Thema „Kommen, Gehen und Bleiben durch die Zeiten“ dar. Ungefähr 1600 Zuschauer*innen besuchten diese einmalige und hochgelobte Inszenierung mit ca. zweihundert Beteiligten auf den Bühnen und in der Gesamtgestaltung im Alter zwischen sieben und zweiundachtzig Jahren.
Aus diesen Erfahrungen und Erlebnissen heraus bekam die Gruppe regen Zulauf und es bildete sich eine weitere Sparte: die Impro-Theatergruppe „Stegreif am Türmchen“, die Ende Januar 2020 ihren ersten öffentlichen Auftritt hatte.
2019 wurde wieder eine Verwechslungskomödie, „Einmal ist Keinmal“, mit großem Erfolg inszeniert. Es war das letzte Stück, das der langjährige Regisseur Norbert Stuck nach 25 Jahren Regiearbeit mit der Gruppe einstudierte. Coronabedingt gab es dann eine Zwangspause von fast drei Jahren.
2022 wurde nach den Lockerungen der Coronaauflagen ein Neustart mit Lutz Hübbners „Gretchen 89ff“ mit vier Aufführungen (ca. 600 Zuschauer*innen) erfolgreich gewagt.
Für 2023 hatte ein Ensemblemitglied der ersten Stunde die Idee, zum sog. „Lambsheimer Gurkenkrieg“ von 1963 wieder ein Stück zu einem historischen Ereignis schreiben zu lassen. Rudy Kupferschmidt schrieb das Szenario und Bernhard Weller, Teil des Kabarettisten-Duos „Spitz und Stumpf“, konnte als Regisseur gewonnen werden. Mit ca. 750 Zuschauer*innen bei fünf Aufführungen näherte sich das Ensemble allmählich wieder den Zuschauerzahlen in der Zeit vor Corona.
Zum diesjährigen Jubiläum hat sich die Gruppe wieder die „Pension Schöller – Nix am Seiher“, die das Ensemble vor 20 Jahren schon einmal spielte, herausgesucht. Bernhard Weller führt erneut Regie. Die Besetzung im Stück hat sich nach zwanzig Jahren natürlich verändert; vier Schauspieler*innen von damals spielen auch in der neuen Inszenierung noch mit.
Das „Theater am Türmchen“ hat inzwischen ca. 40 Mitglieder, von denen fünfzehn aktiv Sprechtheater spielen. Etwa zehn Spieler*innen haben sich dem Impro-Theater, das 2023 im Frühjahr und im Herbst mit wachsenden Zuschauerzahlen spielte, verschrieben. Alle anderen kümmern sich um die Technik, den Bühnenbau, den Service und was sonst an Arbeiten anfällt. Die Gruppe macht alle Arbeiten in Eigenregie.
Mit Max Reinhardt, einem ganz Großen des Theaters, soll dieses Zitat den Geist der Gruppe unterstreichen:
„Ich glaube an die Unsterblichkeit des Theaters. Es ist der seligste Schlupfwinkel für diejenigen, die ihre Kindheit heimlich in die Tasche gesteckt und sich auf und davon gemacht haben, um bis an ihr Lebensende weiterzuspielen.“