Wir hatten bereits im letzten Vorhang auf über den diesjährigen Senioren-Workshop zum Thema „Straßentheater“ berichtet. Diesen Bericht möchten wir um die Eindrücke einer Teilnehmerin ergänzen:
Draußen wartet die Welt …
aber auch auf mich? Drei Tage Seniorentheater in der Jugendherberge Mainz? Was erwartet mich da?‘ Diese Fragen umkreisten mich auf dem Weg von Montabaur nach Mainz. Draußen schien die Sonne, zu Hause blieb so viel liegen, montags wollte ich nach Frankreich – und jetzt noch das?! Doch das Auto war schon prall gefüllt mit vielleicht einsetzbaren Tüchern, Requisiten und Kostümen aus dem umfangreichen oase-Fundus; bei deren Auswahl dabei immer die Worte „Senioren? Straßentheater?“ im Kopf!
Dann kam ich an: Ausladen, Sachen ins „Zuhause für zwei Tage“ schleppen, Formalitäten erledigen, Daniela Burkhardt begrüßen, hinsetzen, abwarten. Nacheinander trudelten alle ein, ein erstes Taxieren und spielerisches Begegnen – es ging los! Im VORHANG AUF im September hat Melanie Gaug schon ausführlich darüber berichtet. Ich versuche es durch meine Eindrücke nun noch einmal: Es wurde plötzlich lebendig im Raum durch spielerische Übungen mit und ohne Körperkontakt oder Sprache. Wir lernten uns kennen und nicht nur durch die Außentemperaturen wurde es auch im Raum „warm“. Nach diversen Übungen ging es zur Findung einer Figur, die beim Spielen dargestellt werden sollte. Das ging schneller, als ich mir vorgestellt hatte. Jeder entdeckte ziemlich bald seine Rolle, stellte sie vor und es fand sich nach einiger Zeit des Überlegens, des Aussuchens von Kostümen, Requisiten und spielerischen Ausprobierens in der Gruppe sogar auch ein Gegenüber als Spielpartner für das Straßentheater. Ein Problem stellte sich dabei: Der einzige männliche Spieler bedauerte, dass er am Sonntag nicht mehr mit dabei sein könne. Das Wissen ‚Er probt zwar jetzt noch mit. Aber wenn es drauf ankommt, ist er nicht mehr dabei. Was dann?‘ führte kurz zur Unsicherheit, löste Fragen, Überlegungen aus, wurde in der Gruppe aber gut geklärt; seine Rolle wurde später mit übernommen. Gut taten auch gemeinsame Pausen, Mahlzeiten, Zeiten zum Unterhalten und Sprechen miteinander, zum Nähe finden.
Dann nahte unvermeidbar das erste Verlassen des Raumes hinaus ins Freie auf die Terrasse der JH, begleitet von den Fragen: ‚Wird das jetzt peinlich? Wie reagieren die Leute, die eher die Meenzer Fassenacht kennen?‘ – Nun, es gab draußen einige ungläubige Gesichter, aber auch Zustimmung und Freude! Und wir legten los! Dieses erste Auftreten in der „Noch-Schutzzone-JH“ vermittelte Sicherheit, gab Stärke für ein Mehr! Ich selbst fühlte mich da noch etwas unwohl, denn mir war eine erkennbare Geschichte mit Einleitung, Entwicklung, Höhepunkt und Finale noch nicht ganz klar, sprach dies auch beim Austausch in der Gruppe am Abend an. Daniela arbeitete weiter mit uns, wir hatten ja noch Zeit!!! Und am Sonntag gab es eine strahlende Premiere im Volkspark Mainz: Strahlend die Sonne und die Zuschauer (viele beim Picknicken) und strahlende Gesichter der Straßenstars des Seniorentheaters! Schon bald ein letzter Austausch in der Runde bei gelöster Stimmung, Danielas Klangschale fiel mir beim Übergeben runter und riss, Auto beladen und Umarmungen mit Ade sagen. Viele bleibende Erinnerungen an dieses bereichernde Wochenende mit großartigen Spielern und einer einfühlsamen Seminarleiterin fuhren mit nach Frankreich und bewegen mich immer noch; auch wenn ich „Marmorstein und Eisen bricht, aber …“ nie gerne hören werde.
(Seniorin Rita Krock, seit 56 Jahren in der oase Montabaur und nur ein bisschen erfahren im Straßentheater)

